In drei Veranstaltungen hat sich das transdisziplinäre Projekt SUSTIL mit unterschiedlichen Thematiken und Ansätzen zur nachhaltigen Innenentwicklung für ländliche Räume im Landkreis Lüneburg auseinandergesetzt. In jeder Veranstaltung wurde ein spezieller Schwerpunkt gesetzt und anhand der Impulse spannender Referent:innen neue Einblicke gewährt. Im Folgenden finden Sie kurze Rückblicke auf die einzelnen Veranstaltungen sowie weiterführende Links.
Ortskernentwicklung in Dahlenburg (06.12.2023)
Am 6. Dezember 2023 organisierte SUSTIL den Auftaktworkshop der Veranstaltungsreihe Innenentwicklung für den Landkreis Lüneburg in Dahlenburg. An diesem Abend ging es um die Stärkung der Dorf- und Ortskerne, insbesondere im ländlichen Raum. Innenentwicklung und Ortskernstärkung stehen für eine gezielte Neubelebung bereits existierender Siedlungsstrukturen. Dieser Ansatz zielt darauf ab, bereits vorhandene Infrastruktur optimal zu nutzen und ihre Stärken (wieder) zu entdecken. Somit können im besten Fall Ressourcen effizient eingesetzt und gleichzeitig die Lebensqualität der Bewohner:innen verbessert werden.
“Vom Donut zum Krapfen” – ein Vortrag über die Stärkung des Ortszentrums
Der erste Vortrag, präsentiert von Stadtplanerin Petra Bammann von der Beratungsgesellschaft CIMA, widmete sich der Ortskernstärkung. Sie sprach sich für die Entwicklung „vom Donut zum Krapfen“ aus – Innentwicklung und Stärkung des Zentrums vor dem Auswachsen nach außen und Vernachlässigung der inneren Gebiete. Dabei soll es jedoch nicht nur um Verdichtung gehen, sondern auch die gezielte Schaffung von Grün- und Freiflächen, die zu mehr Lebensqualität führen könnten.
Der Stadtplaner Jens-Martin Gutsche vom Stadtplanungebüro Gertz Gutsche Rümenapp konzentrierte sich in seinem Vortrag auf die Folgekosten von Neubaugebieten. Er wies darauf hin, dass die höchste Flächeninanspruchnahme gerade in ländlichen Kommunen mit vermeintlich viel Platz stattfindet. Daher sei häufig der Anreiz für Aufstockung von Gebäuden oder das Schließen von Baulücken nicht in gleichem Maße gegeben. Jedoch müssten immer auch die Folgekosten von Zersiedelung gesehen werden, die es nötig machen vielfältige Infrastrukturen aufrechtzuerhalten bzw. neu zu schaffen.
Die beiden Vorträge können Sie auf der Homepage (im Bereich “Downloads”) des Landkreis Lüneburg finden.
Inga Masemann aus der Stabsstelle Klimaschutz/Kreisentwicklung/Wirtschaft des Landkreises Lüneburg informierte über das Förderprogramm des Landkreises Lüneburg zum Wohnen und Arbeiten im ländlichen Raum, das Zuwendungen für Bauberatungen und für nachhaltige Maßnahmen in leerstehenden Gebäuden ermöglicht (mehr hier).
Bauland aus 55 Hektar Wald-, Acker- und Wiesenflächen
Anschließend kamen alle Referent:innenzu einer angeregten Podiumsdiskussion, moderiert von Frederike von der Lancken aus dem Projekt SUSTIL, zusammen. Hier wurden die unterschiedlichen Perspektiven auf die Herausforderungen und Chancen der Innenentwicklung ausgetauscht. Dass Handlungsdruck besteht, war dabei geteilte Meinung auf dem Podium, denn: in Deutschland werden täglich 55 Hektar Wald-, Acker- und Wiesenflächen in Bauland umgewandelt. Dieser Flächenverbrauch soll auf unter 30 Hektar bis 2030 reduziert werden, allerdings wurde dieses Ziel ursprünglich schon bis 2020 angepeilt und konnte nicht erreicht werden. Um den Ressourcenverbrauch zu verringern, müssen daher auch bestehende Strukturen in Ortskernen wieder gestärkt werden, so die Meinung des Podiums. Auch die Gäste diskutierten angeregt mit.
Der Workshop zur Ortskernstärkung bot eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Herausforderungen des ländlichen Raums und schuf Angebote für Dialog und Vernetzung. Auch die Landeszeitung berichtete über die Veranstaltung.
Flächenknappheit in Amelinghausen (10.01.2024)
Am 10. Januar 2024 fand im Rathaus Amelinghausen die zweite Veranstaltung mit dem Schwerpunkt der Flächenknappheit statt, die von Christoph Schwenck (SUSTIL, Leuphana Universität Lüneburg) eröffnet und moderiert wurde. Ziel der Veranstaltung war, sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der wachsenden Flächenkonkurrenz auseinanderzusetzen, Verständnis für die Bedürfnisse der einzelnen Anspruchsgruppen zu entwickeln und auf die Suche nach Synergien gemeinschaftlicher Landnutzung zu gehen.
Vom Einfluss und Akzeptanz erneuerbarer Energien bis zur Flächenkonkurrenz für Handwerksbetriebe
Den Auftakt machte Kai Clauswitz von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Er beleuchtete den Ausbau erneuerbarer Energien und dessen Auswirkungen auf landwirtschaftliche Flächen. Neben der Lebensmittelproduktion, Vorgaben zu Naturschutz und Landschaftspflege, Umwandlung landwirtschaftlicher Flächen in Siedlungs- und Verkehrsfläche, nimmt der Nutzungsdruck durch den erforderlichen Ausbau erneuerbarer Energien weiter zu.
Anschließend widmete sich der zweite Vortrag von Valentin Leschinger aus dem Forschungsprojekt InPositiv den Fragen nach der Akzeptanz erneuerbarer Energien. Der Referent erklärte, dass die starken, negativen Reaktionen auf erneuerbare Energien häufig sehr viel Aufmerksamkeit erhielten, während eine eher stille Zustimmung an diesen daher meist unbeachtet bliebe. Das interdisziplinäre Projekt erforschte daher die selten gesehenen positiven Wirkungen der Erneuerbaren Energien auf die Land(wirt)schaft (mehr hier).
In einem dritten spannenden Vortrag beleuchtete der SUSTIL-Projektpartner Jörg Steinborn (Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade) die Probleme der Flächenkonkurrenz für die Handwerksbetriebe. Häufig ist es schwer für diese Betriebe ihre Standorte zu sichern, da zunehmende Immisionsvorschriften ihren Betrieb erschweren. Es bleibt eine wichtige Frage, wie Handwerk Teil des Konzepts der „kurzen Wege“ in Stadt und Dorf bleiben kann. Dabei müssen die Bedürfnisse sowohl des Wohnens als auch des Handwerk ernstgenommen werden.
Gibt es Chancen und Synergien?
Christoph Schwenck fragte die drei Referenten im Rahmen der abschließenden Podiumsdiskussion, inwiefern sie Chancen in der sozial-ökologischen Transformation für ihre jeweiligen Themen sehen und welche Synergien zwischen unterschiedlichen Landnutzungszielen vielleicht entstehen könnten. Dabei wurde die Notwendigkeit des Ausbaus der Erneuerbaren Energien von allen geteilt. Zugleich wurde gefragt wie die Nahrungsmittelproduktion als wichtigste Aufgabe der Landwirtschaft in Zukunft erhalten werden kann. Synergien zwischen Photovoltaik und bestimmten landwirtschaftliche Kulturen in Kombination wurden diskutiert. Ein wiederkehrendes Thema war die Raumplanung und die unterschiedlichen Landnutzungsziele, die aus der Politik vorgegeben wurden. Dabei war unter den Diskutierenden Konsens, dass die verschiedenen Rahmenziele stärker miteinander in Kohärenz gebracht werden müssten.
Wie geht es weiter?
Aufgrund der hochqualitativen und sehr spannenden Debatte wurde die Veranstaltung mit etwas Verspätung abgeschlossen. Auf der Pinnwand wurden wichtige Themen zusammengefasst. Christoph Schwenck dankte den Teilnehmenden und Gästen für den spannenden Abend und fasste zusammen, dass die Gesellschaft in den nächsten Jahren noch viel mit Themen der Flächenknappheit und Nachhaltigkeit beschäftigt sein werde. Umso wichtiger war es aus Sicht von SUSTIL hier ein erstes Angebot zu schaffen.
Untenstehend finden Sie die entsprechenden Vorträge.
Innentwicklung mit kommunalem Wohnungsbau (abgesagt)
Die dritte angedachte Veranstaltung zu kommunalen Wohnungsbaugesellschaften musste leider aus personellen Gründen abgesagt werden. In diesem Workshop wäre es um die Innenentwicklung in ländlichen Räumen und die Möglichkeiten von Wohnungsbaugesellschaften gegangen. Diese könnten eine entscheidende Funktion bei der Schaffung und Verwaltung von bezahlbarem Wohnraum haben, und dabei spannende städtebauliche Impulse fördern. Auch das Konzept der dreifachen Innenentwicklung, das neben der Schaffung von Wohnraum durch Nachverdichtung auch eine Aufwertung und Neuschaffung von Grün- und Freiflächen (Blau-Grüne-Infrastruktur) sowie eine umweltfreundliche Mobilitätsinfrastruktur zu erreichen, sollte hier vorgestellt werden. Hier finden Sie die Vorstellung des Umweltbundesamtes zum Konzept der Dreifachen Innenentwicklung.
Fazit und Ausblick
Insgesamt waren die Workshops sehr anregende Debatten- und Vernetzungsräume, von denen es zu hoffen ist, dass neue Impulse in die unterschiedlichen Ebenen der Kommunalpolitik und -verwaltung, in die Wissenschaft und in die stadtplanerische Arbeit eingegangen sind. Ansätze zur Lösung der Probleme der Flächenknappheit im ländlichen Raum sind aus Sicht von SUSTIL trotz Fördervorhaben wie Stadt-Land-Plus noch immer zu wenig beachtet. Aus Nachhaltigkeitsgründen gilt es, den zukünftigen Flächenverbrauch deutlich zu verringern. Zugleich braucht es gute Angebote und Lösungen für die unterschiedlichen Nutzungsgruppen wie Wohnungsbau, Gewerbe und Handwerk, aber auch Landwirtschaft und Naturschutz. Die Veranstaltungsreihe brachte hier einige spannende Impulse für Wissenschaft und Praxis mit sich.